Hintergrund: Kaloriendefizit vs. Makronährstoffverteilung
Eine grundlegende Erkenntnis der Ernährungswissenschaft ist, dass zur Fettabnahme ein Kaloriendefizit erforderlich ist. Die Makronährstoffverteilung (Anteile von Protein, Kohlenhydraten und Fett) kann die Sättigung, den Erhalt der Muskulatur und den Stoffwechsel beeinflussen, doch der Kaloriengehalt der Ernährung bleibt der entscheidende Faktor für Gewichtsverlust. Forschungsergebnisse zeigen, dass man mit unterschiedlich zusammengesetzten Diäten an Körpergewicht verlieren kann, solange die Kalorien reduziert sind. Die Frage ist jedoch, ob bestimmte prozentuale Verteilungen von Protein, Kohlenhydraten und Fett auf lange Sicht zu mehr Fettabbau führen als andere.
Evidenz aus Meta-Analysen zur Makronährstoff-Verteilung
Zahlreiche klinische Studien – einschließlich systematischer Reviews und Meta-Analysen – haben Low-Carb- (kohlenhydratreduzierte) und Low-Fat- (fettarme) Diäten direkt verglichen. Die wichtigsten Befunde daraus lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
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Ähnliche Gewichtsabnahme bei Low-Carb und Low-Fat: Eine große Netzwerk-Meta-Analyse von 121 randomisierten Studien (über 21.000 Teilnehmer) ergab, dass nach 6 Monaten sowohl kohlenhydratreduzierte als auch fettarme Diäten im Durchschnitt etwa 4–5 kg Gewichtsverlust gegenüber einer üblichen Ernährung erzielten. Moderate (ausgewogene) Diäten führten zu etwas geringerer Abnahme (~3–4 kg). Nach 12 Monaten war der durchschnittliche Effekt aller Diäten jedoch abgeschwächt (nur noch ca. 3 kg Unterschied zu einer üblichen Ernährung), und die Unterschiede zwischen Low-Carb- und Low-Fat-Diäten waren statistisch nicht mehr signifikant. Mit anderen Worten: Über ein Jahr betrachtet verschwanden die anfänglichen Differenzen in der Gewichtsabnahme größtenteils. Auch die DIETFITS-Studie mit 609 Erwachsenen fand keinen Unterschied in der 12-Monats-Gewichtsabnahme zwischen einer gesunden Low-Fat- und Low-Carb-Ernährung (−5,3 kg vs. −6,0 kg).
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Low-Carb vs. Low-Fat – leichte Kurzzeitvorteile: Einige Meta-Analysen deuten auf einen kleinen kurzfristigen Vorteil für kohlenhydratärmere Diäten hin. Zum Beispiel zeigte eine Analyse von 17 Studien, dass Low-Carb-Diäten nach einigen Monaten im Schnitt etwa 1–2 kg mehr Gewichtsverlust erzielten als Low-Fat-Diäten. Diese Differenz war jedoch modest und nahm mit der Zeit ab. Nach 12 Monaten waren die Gewichtsverluste in vielen Studienvergleichen ähnlich groß. Insgesamt bestätigen Reviews, dass beide Ansätze wirksam sind und Low-Carb-Diäten mindestens ebenso effektiv wie fettarme Diäten für den Gewichtsverlust sein können. Entscheidend für langfristigen Erfolg ist eher die Adhärenz (also wie gut die Ernährungsweise durchgehalten wird) als das genaue Makronährstoff-Verhältnis.
Proteinanteil und Körperzusammensetzung
Während das Verhältnis von Fett zu Kohlenhydraten für die reine Gewichtsreduktion weniger entscheidend zu sein scheint, spielt der Proteinanteil eine wichtige Rolle für die Qualität der Gewichtsabnahme. Eine höhere Eiweißzufuhr unterstützt den Muskelerhalt während einer Diät und fördert die Sättigung. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen hierzu folgende Ergebnisse:
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Höhere Proteinanteile verbessern Fettabbau: In einer Meta-Analyse von 24 randomisierten Studien führte eine höher proteinhaltige, fettarme Diät (meist ~30% der Kalorien aus Protein) im Vergleich zu einer konventionellen proteinärmeren Diät (~15% Protein) zu einer etwas stärkeren Reduktion von Körpergewicht und Fettmasse. Konkret verloren die Probanden der High-Protein-Gruppe im Mittel ~0,8 kg mehr Gesamtgewicht und ~0,87 kg mehr Fettmasse als die Vergleichsgruppe. Gleichzeitig wurde der Abbau fettfreier Masse (Magermasse wie Muskulatur) um durchschnittlich 0,43 kg verringert, und der Rückgang des Ruheumsatzes fiel geringer aus. Diese Vorteile sind zwar moderat, aber bedeuten, dass eine eiweißbetonte Kost den Fettabbau etwas effizienter und qualitativ besser (mehr Fett, weniger Muskelverlust) gestalten kann.
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Effekt bei verschiedenen Altersgruppen: Insbesondere bei älteren Erwachsenen (50+ Jahre) scheint ein höherer Proteinanteil vorteilhaft. Eine systematische Übersichtsarbeit fand, dass ältere Diätteilnehmer mit ≥25% der Kalorien aus Protein (bzw. ≥1,0 g Protein pro kg Körpergewicht) deutlich mehr Fett verloren und mehr fettfreie Masse erhielten als Vergleichsgruppen mit weniger Protein. Dieser Befund unterstreicht, dass ausreichend Protein in der Diätphase hilft, Muskelschwund zu vermeiden und primär Fettgewebe abzubauen.
Langfristige Strategien und Adhärenz
Für einen erfolgreichen Fettabbau über Wochen und Monate hinweg zeigt die Studienlage, dass kein starres Makro-Verhältnis für alle Menschen am besten ist. Vielmehr kommt es darauf an, eine ausgewogene Ernährung zu finden, die ein Kaloriendefizit ermöglicht und dauerhaft eingehalten werden kann. Einige wichtige Punkte aus den Reviews und Leitlinien:
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Flexible Makronährstoffspannen: Die empfohlenen Makronährstoff-Spannen (laut Dietary Guidelines for Americans) sind relativ breit gefasst – z.B. 45–65% Kohlenhydrate, 20–35% Fett und 10–35% Protein der Kalorien. Innerhalb dieser Spannen lassen sich individuelle Vorlieben berücksichtigen. Studien zeigen, dass man unabhängig von der genauen Verteilung abnehmen kann, solange man eine für sich passende Ernährungsweise wählt und weniger Kalorien aufnimmt als verbraucht.
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Adhärenz und Ernährungsqualität: Die Möglichkeit, eine Diät durchzuhalten, ist ausschlaggebend für den langfristigen Erfolg. Eine Ernährungsform, die den individuellen Geschmack, Alltag und Hunger am besten berücksichtigt, führt meist zu besserer Adhärenz. So mag für manche eine moderate Kohlenhydratzufuhr sättigender und leichter umsetzbar sein, während andere mit kohlenhydratärmeren, fettreicheren Mahlzeiten besser zurechtkommen – solange der Proteinbedarf gedeckt ist und insgesamt weniger Kalorien aufgenommen werden. Darüber hinaus betonen Reviews die Qualität der Nahrungsmittel (z.B. Vollkorn statt raffinierte Kohlenhydrate, gesunde Fette, viel Gemüse) als wichtigen Faktor, der unabhängig von der Makro-Verteilung zum Gewichtsverlust beiträgt.
Fazit: Beste Makronährstoffverteilung für Fettabbau
Aktuelle wissenschaftliche Evidenz deutet darauf hin, dass kein einzelnes Makronährstoff-Verhältnis universell allen anderen überlegen ist, wenn es um langfristigen Fettabbau geht. Sowohl kohlenhydratreduzierte als auch fettreduzierte Diäten können erfolgreich sein – die Unterschiede in der Fettabnahme sind über längere Zeiträume gering, sofern ein vergleichbares Kaloriendefizit besteht. Allerdings erweist sich ein ausreichend hoher Proteinanteil als vorteilhaft, da er den Erhalt der Muskelmasse fördert und den Fettabbau begünstigt.
Praktisch bedeutet dies: Eine Ernährung mit proteinbetonter, aber ausgewogener Makronährstoffverteilung – z. B. grob in der Größenordnung 25–30% der Kalorien aus Protein, der Rest auf Kohlenhydrate und Fett je nach persönlicher Präferenz verteilt – bietet ein hohes Potenzial für effektiven Fettabbau. Entscheidend sind dabei ein kontinuierliches Kaloriendefizit und eine Diät, die individuell langfristig durchgehalten werden kann. Mit anderen Worten: Die beste Makronährstoffkombination für Fettverlust ist die, die genügend Eiweiß liefert und es der Person ermöglicht, über einen längeren Zeitraum weniger Kalorien zu sich zu nehmen als sie verbraucht, ohne dabei an Sättigung und Zufriedenheit einzubüßen. Dies stimmt mit den Erkenntnissen aus Meta-Analysen überein, die eine flexible Herangehensweise mit Fokus auf Kalorienkontrolle und Proteinqualität unterstützen.
Quellen: Systematische Übersichtsarbeiten und Meta-Analysen aus wissenschaftlichen Journalen (BMJ, JAMA, AJCN, Obesity Reviews) sowie Ernährungsleitlinien. Diese belegen konsistent, dass für den langfristigen Fettabbau eine moderate bis hohe Proteinaufnahme in Kombination mit einem durchhaltbaren Kaloriendefizit entscheidend ist, während das Verhältnis von Fett zu Kohlenhydraten flexibel gehandhabt werden kann.
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